Der Rote Weg


gelebtes Schamanentum
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Häufige Fragen zum Schamanentum

Überblick




Was ist eigentlich Schamanismus?

Schamanin mit Krafttier auf Reise "Listen to me now.
Shamanism isn't a religion. There is no dogma and no hierarchy. It's a matter of personal experience - a way to go, a path. By means of drum journeys you can visit the lower world beneath our feet where animals and people reside in spiritual form. The upper world is a paradise populated by our forefathers. As regards being dead or alive, its living in the person you see before you now." (Ailo Gaup, Sami-Schamane)

Schamanentum ist ein Weise, die Welt zu sehen, voller Kreativität und Lebendigkeit. Statt Dogmen soll die Stimmmigkeit zum Wohle aller Beteiligter die Richtung angeben. Es wird nicht zwischen Um-Welt und Mensch / ich unterschieden, es ist klar, dass alle zusammengehören, einander beeinflussen und einander brauchen.

Der Begriff "Schamanismus" ist ein Kunst-Begriff der Ethnologie, der Sozial- und Kulturanthropologie und versucht damit eine weltweit verbreitete Form der Natur-Spiritualität zu bezeichnen. Es meint eine Form der spirituelle Tradition, wie sie wohl schon seit Anbeginn der Menschheit sich weiterentwickelt. Dieses Schamanentum ist in allen Teilen der Erde nachgewiesen: Ganz egal, ob es sich um das Schamanentum des hohen Nordens wie bei den Inuit oder das der australischen Aborigines, das hochentwickelte, aktive hawaiianische oder das (fast) vergessene keltische Schamanentum handelt - die Grundstruktur ist überall gleich. Für mich deutet das einerseits auf das hohe Alter, andererseits scheint es auch für die tiefe Wahrheit dahinter zu sprechen.
Da wir von Schamanentum sprechen, das nicht unterscheidet zwischen "Tier" und "Mensch" (u.ä.) muss ich natürlich auch die Beobachtungen von Verhaltensbiologen erwähnen: Schimpansen haben in regelmäßigen Abständen einen Wasserfall besucht und vor ihm Imponierverhalten und Beschwichtigungs-Gesten gezeigt. Formen von tierischer Spiritualität, die den "Geist des Wassers" anerkennen?

Schamanentum, wie ich es verstehe ist eine in vielen Gebieten der Welt nach wie vor - und auch gerade wieder - aktiv praktizierte Spiritualität. Es handelt sich nicht um Religion, Hierarchie und Dogmen. Der Schamanisierende ist keiner Organisation sondern Tugenden verpflichtet wie Respekt und Wertschätzung der Schöpfung. Als Schamane bezeichnet wir ein Ritualist, der von seiner Gemeinschaft als besonders talentierter Reisender zwischen den Welten anerkannt wird. Ein Schamane empfindet sich als Diener der Schöpfung. Neben den vielen Aufgaben eines Schamanen sind auch Heilungs-Wege überliefert. Letztlich sind diese Wege aber immer sehr individuell. Schamanismus ist gelebte Spiritualität, eine offene Weltanschauung, eine Lebensweise.

Polarlicht - Heimat der Spirits

Schamanisches Lernen ist individuell und lebendig, eine "Erfahrungs-Wissenschaft". Das erlaubt es, das Geschenk der Kulturen, die ihr Wissen bis heute erhalten konnten, anzunehmen und doch dem eigenen kulturellen Hintergrund treu zu bleiben. Ich habe viel in der Tradition der Lakota gelernt, es war einer meiner Initiations-Erfahrungen. Das macht mich aber nicht zu einem Indianer, auch wenn ich das Inipi liebe. Vielmehr soll ich auf die Ermutigung und Ermahnung meines Lehrer-Großvaters Archie Fire Lame Deer hören. Er hatte die Zeugnisse unserer alten Kultur gesehen wie Höhlenmalereien, Steinkreise und keltische Kraftplätze. Er mahnte uns, nicht zu versuchen, "authentische Indianer", sondern authentisch SELBER zu sein.

Die Welt ist mit den Augen eines Schamanen nicht auf eine Realitätsebene beschränkt. In dieser und in der "Anderswelt" findet er Unterricht, Heilung, Rat und Beistand. Für einen humanistisch wissenschaftlich geprägten Menschen stellt sich die Frage, wie objektiv "Wirklichkeit" ist. Mit dem Mut eines Columbus können wir wagen, alte Erfahrungshorizonte zu überschreiten und weitere neue Dimensionen zu finden.

Wer wird Schamane?

schamane

Schamanen sind Menschen mit "paranormaler Begabung", definieren Ethnologen. Zwar bin auch ich Wissenschaftlerin, ich nenne dieses Talent aber lieber "G'spürigkeit". Para-normal, also übersinnlich? - das scheint mir fraglich. Ist es nicht eher normal sinnlich? Göthe meint, "wer Augen hat zu sehen, der sehe." Fast jeder wird mit dieser Sinnlichkeit geboren, fast allen wird er aber abtrainiert oder stumpft einfach wegen des mangelnden Gebrauchs ab. Gewiß gibt es auch besonders talentierte Persönlichkeiten, denen es leicht fällt, sich in die schamanische Trance zu versetzen. Jeder darf dieses Talent für sein eigenes Heil nutzen und pflegen. Nicht jeder ist aber dazu berufen, sein Leben der Heilung (der Welt) zu widmen.
Dieses Angebot wird von den Spirits, den Göttern, der Schöpfung (oder wie immer man es nenne mag) während eines Initiatorischen Ereignis gemacht, um das man zwar bitten, aber das niemand erzwingen kann. Es gab auch nie einen Menschen, der durch einen Menschen zum Schamanen-Schüler initiiert wurde. Sein menschlicher Lehrer kann nur Zeuge dieses Ereignisses sein.

Wie wird man Schamane?

pferd

Die Ausbildung eines Schamanen oder Medizinmenschen erfolgt lebenslang und auf mehreren Ebenen. Spirituelle Theorie, Mythen und Techniken werden von älteren Schamanen gelehrt - Unterricht ist ja einer ihrer Aufgaben. Nach diesem Grund-Handwerkszeug erfolgt die Unterweisung hauptsächlich in den Trancezuständen, den Schamanischen Reisen, in Träumen und Visionen, beispielsweise bei Visionssuchen oder im Inipi, aber auch spontan. Der Kreis der Älteren dient zur Reflexion, als Beistand und vermeidet schwere Mißverständnisse oder Selbstüberschätzung.
So bekommt jeder Schamane seine individuelle Lehre. Gott liebt die Vielfalt. So werden die verschiedenen Aspekte der Wahrheit entdeckt.

Auch scheinbar Vergessenes "taucht" so wieder auf. Manchmal ist es erstaunlich, dass die Rituale nach Generationensprüngen oder in anderen kulturellen Kontexten doch ganz ähnliche äussere Formen aufweisen, wie beispielsweise das Yuwipi oder die Wayatan-Medizin.

Eine Lebensaufgabe annehmen: Ich bin Yuwipi und Schamanin

catherine

Als Beispiel erzähle ich gerne von einem Stückchen auf meinem Weg, als ich Schülerin wurde und dann nach den Initiationen zum Gesellen. Einer meiner Lehrer waren die Ameisen. Sie haben sich viel Zeit für mich genommen und mir viel erklärt:
Unter anderem erzählten sie mir vom Leben in der Erfüllung seiner Lebensaufgabe. Ich habe gehört, daß die Menschen die einzigen Wesen sind, die nicht mehr wissen, wozu sie leben. Sie haben ein wundervoll funktionierendes Zauberding "Verstand" gewonnen. Aber sie haben nicht nur verlernt, auf das große Wissen ihres Körpers, ihrer Sinne und ihrer Seele zurückzugreifen. Sie haben auch verlernt, mit ihrem Verstand umzugehen.
Deshalb wandeln wir Menschen meist blind im Nebel unserer betäubten Sinne umher, wissen nicht, wo wir zuhause sind, was wir tun wollen, wer wir sind. Irgendwann wird das Gefühl so groß, daß es sich mit Autos, Deos, neuen Möbeln... nicht mehr erdrücken läßt. Wir werden krank vor Angst, bekommen die Krise, Krebs, Depression... Angst essen Seele auf...

catherine

Ein Medizinmensch lebt in und mit der Natur. Eine Medizinfrau zu sein ist, glaube ich, ein Bewußtseinszustand, eine Sichtweise, ein Gespür für das Wesen(tliche). Sie weiß von ihrer Bestimmung. Man kann sich nicht entschließen "ich werde ein Medizinmann!". Man kann ja kaum sagen, "das werde ich niemals!". Du gehst auf den Berg, um um eine Vision für Dein Leben zu bitten. Und da wird Dir empfohlen (oder befohlen?), Medizinmann zu werden. Du weißt, daß es sich um eine große Ehre handelt. Aber Du erahnst auch die riesige Aufgabe. Im wahren Sinne des Wortes: daß Du Dich der Berufung hin- und einen Teil Deiner selbst auf-gibst.
So geschah es mir auf dem Berg. Weil ich von den Ameisen gelernt hatte, was es bedeutet, seine Aufgabe zu erfüllen, habe ich sie demütig angenommen. Obwohl ich als Weiße und Frau die orthodoxen Lakota und Lakota-Freunde, und sie zu beleidigen fürchtete. Obwohl ich einen "Medizinsack" annahm, von dem ich nichts wußte, außer, daß er groß und wohl niemals wieder ablegbar sein würde. Diese Hingabe freut die Tunkashilas, meine Ängste amüsiert sie. Sie helfen mir, zu wachsen.

Wie ist ein Schamane?

"Der Schamane ist der Meister der Ekstase" (Eliade 1975) wie sieht ein echter Schamane aus?

Die Vor-Stellung unserer Sozietät gerecht zu werden ist mir oft das Schwierigste. Oft scheinen Klienten zunächst enttäuscht, wenn sie keine wild geschmückte mit Totenschädeln rasselnde "Hexe" oder "Indianerin" vor sich stehen haben, stattdessen eine "normalen Europäerin". Nun, es kann schon sein, daß ich bei besonderen Ritualen besondere Ritualgewänder anziehe. Sie müssen aber zugeben, daß die oben beschriebene Tracht nicht in unseren Erfahrungsrahmen paßt. Anders als in der Mongolei wirkt diese bei uns an einer Deutschen wohl eher belustigend (auch schön!) aber keinesfalls authentisch!

mein Krafttier, der Steinadler

Ein Heiler ist ein gefühlvoller, überzeugender Mensch. Er ist wahrhaftig und in seiner Arbeit ernsthaft, er ist authentisch.
Weder muß noch kann ich so tun, als sei ich eine Sioux. Ich bin eine Mittelfränkin, die neben vielen guten Dingen auch die Ehre erfahren hat, Heilmethoden der Lakota kennen zu lernen. Ich bemühe mich darum, nichts meiner selbst zu verleugnen und nichts dazu zu dichten.

Über den Umgang mit Erwartungshaltungen

Kein Mensch braucht Angst vor Schwäche haben, wenn er authentisch ist! Wenn er handelt dann aus bestem Wissen und Gewissen seinem Herz folgend. Sicher wird er mit den Jahren an Erfahrung wachsen, in der Zwischenzeit ist seine Arbeit aber nicht "schlechter", denn er handelt mit ganzer Kraft. Wenn die Arbeit, die von ihm/ihr erwartet wird nicht bewerkstelligt werden kann sagt er es offen, auch wenn der Bittende vielleicht enttäuscht sein mag. Vielleicht ist die Anfrage für ihn/sie moralisch nicht vertretbar (beispielsweise ein "Liebeszauber") oder sie übersteigt seine Kräfte. Einen weiteren Klienten nach einem langen Tag vertröstet er auf einen Zeitpunkt nach der Regeneration. Für eine Arbeit, die er nicht beherrscht kennt er vielleicht einen "Kollegen". Dies alles beweist wahre Größe.
Er verstößt dabei nicht gegen das Gebot, daß er jedem, der ihn darum bittet helfen muß. Aber er wird nicht wider besseren Wissen das Unmögliche versuchen.

Was sind die Aufgaben eines Schamanen?

"Der wahre Beruf eines Menschen ist: zu sich selbst kommen." (H.Hesse) stille

Die Aufgaben eines Schamanen können vielfältig und sehr individuell sein. Er ist einerseits Diagnostiker und Therapeut, andererseits hat er auch eine Fülle weiterer sozialer Aufgaben.
Schamanen und Medizinmenschen können sein: Ritualleiter, Orakeldeuter, Seher, "geister-beherrschende" (=spirit-ueller) Seelsorger, Wetter-Bitter und Fruchtbarkeits-Beschwörer u.s.w.... Dabei kann man eine gewisse Arbeitsteilung feststellen. Bei den Lakota gibt es beispielsweise 6 Medizinmänner: den Wicasa Wakan (Heiligen Mann), den Heyoka (Heiligen Verdreher), den Wayataan (Traumdeuter & Hellseher), den Yuwipi (Zauber-Heiler), den Peyuta Wicasa (Kräuterkundigen) und den Winkte / Winyanktehca (Zwei-Seelen-Mensch). Häufig folgen solche Aufgaben im Leben des Medizinmenschen nacheinander, manchmal hat ein Mensch in der Zwischenzeit mehrere Aufgaben. Von den Kelten ist uns überliefert, es habe 3 Medizinmenschen gegeben: die heiligen Frauen, die Druiden und die Barden. Gerade der letzte ist ein Beispiel für die kreativen Aufgaben eines Schamanen als Künstler, Tänzer, Musiker, Dichter und Sänger von Gebeten und Geschichten. Er unterrichtete auch die Jungen Leute. Der Schamane bewahrt das alte Wissen, hilft den ihm anvertrauten Menschen bei der Erfüllung ihrer Lebensaufgabe, lehrt ihnen Naturspiritualität und bildet Nachwuchs aus. Einen Teil meiner diesbezüglichen Aufgaben versuche ich in den Seminaren zu erfüllen.
Die heilerischen Aufgaben des Schamanen wird mit "Seelsorger" vielleicht am besten beschrieben. Sie ist als lebenslange geistige und spirituelle Begleitung gedacht.

Beispiele für schamanisches Arbeiten

Begleitung in Übergangszeiten
Schwangerschaft & Geburt
Die Schwangerschaft ist die Verwandlung der Frau, die Vorbereitung, dem Baby "das Leben zu schenken" und sich selber zur Mutter zu initiieren.
Der Kontakt von Familie und Baby ist auch in der frühen Phase des Menschenlebens-Beginn wichtig. Von Seele zu Seele kann der Schamane dabei helfen.
Taufe
Sie beginnt bei der "Taufe", der Begrüßung des Neugeborenen im Leben. Es wird feierlich aufgenommen und den Menschen und den Andersweltlichen vorgestellt. Dabei kann der Schamane den Medizinnamen des Säuglings erfahren. Hat der kleine Mensch einen Seelenverluste erlitten, beispielweise während der Geburt, wird der Schamane diesen wieder heimbringen, damit der kleine Mensch einen unbehinderten Start ins Leben hat und sich frei, seiner Seele gerecht entwickeln kann.
Sterbe- & Trauer-Begleitung
Wenn wir uns auf das Sterben vorbereiten dient der Schamane als Beistand dem Sterbenden und seinen Angehörigen. Alte Sorgen können gelöst werden, Versöhnung und liebevoller Abschied werden möglich. Im Ableben begleitet der Schamane die heimgehende Seele.
Die Trauernden können bei Gesprächen und in Ritualen ihrer Trauer und ihrer Wertschätzung des Verstorbenen Ausdruck verleihen.
Begleitung im Umgang mit Kriesenzeiten
Seelen-"Rückführung" nach Traumata: Angst essen Seele auf
Strüme des Lebens können uns manchmal geschwächt zurücklassen. Dann haben wir den Kontakt zu Fähigkeiten verlohren und wir können die Ernte, den Gewinn aus dem Erlebten nicht einholen. Dies kann man "Seelenverlust" nennen, ich nenne es lieber "unterbrochener Kontakt zu einem Anteil". Einen Schock, vielleicht Todesangst, Koma oder der Verlust geliebter Menschen durch Trennung oder Tod werde im ersten Moment als so bedrohlich empfunden, daß Anteile quasi in der Situation "hängen" bleiben. Manchmal hilft uns der Körper, diesen Verlust wahrzunehmen, indem er "seelo-somatisiert" - sogenannte Krankheiten an Psyche und Körper folgen. Nach der Seelenrückführung, begleitet durch den Schamanen kann kann rasch der Frieden zurückkehren und aus der einstmals anstrengenden Situation wird eine Erfahrung, die einen gestärkt hat.
Karma
Gründe für Blockaden können nicht nur in den Abenteuern unseres jetzigen Lebens liegen, sondern auch karmisch sein. Auch diese kann der Schamane helfen, aufzulösen. Allgemein halte ich das Konstrukt des Karmas als oft missverstanden und sie brauchen weniger Aufmerksamkeit, als man vielleicht meint. Wenn alte Rechnungen aus vergangenen Leben existieren und in diesem Leben ausgeglichen werden sollen/können, dann werden in diesem Leben Ansätze auftauchen, mit denen man arbeiten kann. Diese Hebel liegen näher und sind meist leichter umzusetzen - wir leben Hier & Jetzt, nicht damals & dort. ;-)

unsere Ethik

"Ethik ist ins Grenzenlose erweiterte Verantwortung gegen alles, was lebt."
Albert Schweitzer

Der Schamane hat sich mit der Annahme seiner Aufgabe zu einigen Spielregeln verpflichtet. Er soll seiner Aufgabe gerecht werden, Diener der Schöpfung sein. Dabei helfen ihm gewisse Tugenden, die zu beachten er schwor:

Mitakuje ojasin.

Alles ist verwandt. Mit mir. Alles ist Teil des Einen Großen Ganzen. Was ich einem anderen antue, tue ich mir an. Was ich mir antue, den anderen. Im Guten wie im Schlechten.

Wertschätzung & Respekt

Ich sehe Dich – und mich. Ich beurteile keine Form des Lebens. Ich gebe und nehme, wenn ich darf.

Ich gehe einen Weg mit Herz.

Mein Herz ist mein bester Ratgeber. Ich handle nicht gegen mein Gefühl.

Verantwortung

für mein Handeln in allen Realitäten. Ich bin Ursache und bedenke die Wirkung.

Authentizität

Ich übe mich jeden Moment "Sei Du selber!" Ich lebe mich.

Bescheidenheit

Ich bin Mensch. Nicht mehr, nicht weniger. Ich erwarte von mir das Mögliche.